Seminare & Tagungen auf dem Wasser: Aquaforum
Das Lausitzer Seenland und die Elbe-Elster-Region sind um eine Attraktion reicher – dem „Aquaforum“. Am Bergheider See können Seminare und Tagungen nun direkt auf dem Wasser in einem solarbetriebenen Konferenzschiff stattfinden. Die ganze Geschichte von der Idee über die Planung und Ausführung bis zur Wirklichkeit.
Das neue solarbetriebene Konferenzboot „Aquaforum“
Das schwimmende Autartec-Haus des Fraunhofer Instituts machte als Zeichen für Fortschritt und innovative Technik bereits 2019 den Anfang auf dem Bergheider See in Lichterfeld Schacksdorf. Nun ist ein weiteres Highlight hinzu gekommen: Ein solarbetriebenes Konferenzschiff, das Seminare und Tagungen direkt auf dem Wasser ermöglicht.
Am 22. Juni 2021 ist es feierlich in Betrieb genommen worden. Mit ordentlicher Schiffstaufe und anschließender kurzer Jungfernfahrt.
„Dieses solarbetriebene Konferenzschiff ist einzigartig in Deutschland, soweit uns bekannt ist“, sagt Marcus Börner, kaufmännischer Leiter der Jacko Schiffbau und Yachtservice GmbH, die das Schiff gebaut hat. Dass es so aussieht, wie es jetzt im Hafen des Bergheider Sees liegt, ist vielen klugen Köpfen und verlässlichen Sponsoren zu verdanken.
Kluge Köpfe und mutige Initiatoren
Und Initiatoren, die einmal mehr Mut bewiesen haben – allen voran Gottfried Richter, Amtsdirektor Kleine Elster und Vorsitzender der Euros-Stiftung. Geladene Gäste wie der Brandenburger Lausitzbeauftragte für den Strukturwandel, Klaus Freytag, und der Staatssekretär im Brandenburger Infrastrukturministerium, Rainer Genilke, zollen dafür großen Respekt.
Kooperation und Kollaboration
Wie schon beim Autartec-Haus hat sich die enge Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme, insbesondere mit dessen Leiter Professor Matthias Klingner, ausgezahlt. Gottfried Richter schreibt ihm die Initialzündung für das solarbetriebene Konferenzboot zu.
„Die Idee kam etwa vor zweieinhalb Jahren auf und war zunächst ganz einfach gedacht. Er hat dann aber gesagt: Container auf einem Ponton geht gar nicht. Das war die Geburtsstunde. Und dann ist das Schiff immer mehr gewachsen, bis es zukunftsträchtig und alternativ war“, erinnert sich Richter.
Jacko Schiffbau baut die Aquaforum
Mit der Fertigung wurde die Jacko Schiffbau und Yachtservice GmbH aus Philadelphia bei Storkow beauftragt, ein mittelständisches Unternehmen mit zehn Mitarbeitern. „Finanziert wurde das Projekt rein privatwirtschaftlich, ganz ohne Fördermittel“, betont Richter.
Neben Geldern von der Sparkassenstiftung „Zukunft Elbe-Elster-Land“, von der Kjellberg-Stiftung und der Euros-Stiftung hat das Fraunhofer Institut Ingenieur- und Sachleistungen eingebracht und auch die Schiffsbauer kamen dem Auftraggeber entgegen und reihten sich als Sponsoren ein.
„Weil das Projekt eine spannende Aufgabe für uns war und als Prestige- und Aushängeschild dient“, so Börner. Zu den Kosten sagt Gottfried Richter nur: „Es musste jeder von uns tief in die Tasche greifen.“ Betreiber und Ansprechpartner für Interessenten ist die F60 Concept GmbH.
Knapp 23 Tonnen Stahl gehen zu Wasser
Die initialen Designentwürfe zu dem Konferenzschiff sowie die technischen Konzeptionen des elektrischen Antriebes definierte das Fraunhofer IVI im engen Austausch mit dem erfahrenen Jacko Schiffsbau und Yachtservice für eine realistische Ausführung.
In der Werft in Storkow erfolgte zunächst die Fertigung der drei Schwimmerkörper des Trimarans sowie der Stahlkonstruktion, bevor die Arbeiten ab Juli 2020 direkt am Hafen des Bergheider Sees fortgeführt werden konnten.
Ende Oktober wurde der Koloss aus knapp 23 Tonnen Stahl schließlich zu Wasser gelassen. Es folgten der Einbau der Fenster und die Montage der Solarpanels sowie der Antriebe. Mit Abschluss des Innenausbaus konnte das Schiff nach anderthalb Jahren Bauzeit in Betrieb genommen werden.
Platz für bis zu 60 Seminarteilnehmer
Der Trimaran misst 16,5 Meter in der Länge sowie sieben Meter in der Breite und bietet Platz für etwa 30 Seminarteilnehmer bei voller Bestuhlung. Bei Veranstaltungen ohne Bestuhlung finden bis zu 60 Menschen im Innenraum Platz.
Zusätzlich gibt es ein begehbares Oberdeck. Angetrieben von zwei 25-kW Elektromotoren erreicht das mehr als 40 Tonnen schwere Schiff eine Geschwindigkeit von mehr als zehn Kilometern pro Stunde.
Eine besondere Herausforderung für die Schiffbauer war, „den Stahlrumpf haltbar zu machen, weil der See sehr sauer ist und einen pH-Wert unter vier hat“, sagt Marcus Börner. Alle am Bau beteiligten Firmen stammen aus Brandenburg, betonte er.
Endlich: Die Schiffstaufe
Die Schiffstaufe darf Martha, die Enkeltochter von Gottfried Richter, vornehmen. Die Sektflasche schlägt aber nicht an den Schiffsrumpf, sie wird einfach ausgekippt. „Ich taufe das Schiff auf den Namen Aquaforum“, sagt Martha.
Dann heißt es „Leinen los!“ zur Jungfernfahrt. Kai Jacobi, zweiter Chef der Jacko Schiffsbau und Yachtservice, steuert das Konferenzschiff lautlos auf den Bergheider See.
Seegang? Kaum zu spüren. Die Spurstabilität habe schon bei den Testfahrten überzeugt, sagt Marcus Börner. Eine einzigartige Location für besondere Anlässe und Events.
Durch den verglasten Tagungsraum, von der Terrasse davor und auch vom Oberdeck bietet sich ein traumhafter Blick auf die F60, die einstige Abraumförderbrücke und heute Besucherbergwerk mit großer Anziehungskraft.
Davor das schwimmende Autartec-Haus als Prototyp, womöglich für eine ganze Siedlung. Doch das ist nun wirklich noch Zukunftsmusik und wieder so eine von Professor Klingner ausgesprochene Idee.